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Künstler mit großem Herz

12.05.2023, 12:00:00

Ich treffe Holger in Begleitung seiner Assistentin Henrike Bösch vor dem Konzerthaus Glocke an der Domsheide in Bremen an einem schönen sonnigen Nachmittag.

Holger ist sehr aufgeregt, wollen wir doch gemeinsam eine Kunst-Ausstellung im Kapitel 8, gleich neben dem mächtigen Dom besuchen, an der er als Künstler mitwirkt.

Die Ausstellung trägt den Titel „Inklusion – nur auf dem Papier? Kunst von Menschen mit Beeinträchtigungen“ und ist durch das Diakonischen Werk Bremen ins Leben gerufen. 

Holgers Kunstwerke
Holger

Vor dem Eintritt in die Kunstgalerie (Kapitel 8) steht aber noch eine kleine Hürde an. Drei Treppenstufen müssen bewältigt werden. Es steht zwar auch ein Roll-Fahrstuhl zur Verfügung, aber Holger möchte es alleine schaffen und ist hinterher sichtlich stolz. Wir freuen uns mit ihm.

Doch nun geht es los. Wir betreten den lichtdurchfluteten Ausstellungsraum, der zum Verweilen einlädt. Sofort steuern wir auf die Bilder zu, die Holger gefertigt hat.

Und schon legt er los:

58 ist er, wohnt seit drei Jahren in der Waltjenstraße (Bremer Standort der Lilienthaler Diakonie) und ist dort sehr glücklich, weil er nicht mehr einsam ist und so tolle Betreuer hat. Früher hat er in Huchting gewohnt, hat viele Berufe ausgeübt, wollte Polizeibeamter werden.

Holger ist nicht zu bremsen und man muss sagen, der Mann hat viel zu erzählen.

Besonders über seine Kunstwerke:

Zu Bild 1 sagt er: „Das habe ich wegen des Krieges in der Ukraine gemalt, der mich so traurig macht.“

Blau und hellgrün ist es, im Hochformat. Das Wort Frieden steht darauf.

„Ich möchte es verkaufen, um das Geld für die Menschen im Krieg zu spenden“, sagt er mit Inbrunst.

Was für ein schöner Gedanke.

Bild 2 kommt in rosa und viel gelb daher. Es zeigt das Weserstadion inkl. Flutlichtanlage.

„Ich habe einen Gedanken und dann male ich ihn“, sagt Holger leise.

Ich bin beeindruckt, bekomme ich doch nicht einmal einen Hasen aufs Papier. Henrike sieht es ähnlich.

Bild 3 verdeutlicht, wie er sich Ägypten vorstellt. Die Farbe Gelb dominiert und zeigt viele Pyramiden und auch ein paar Palmen.

Auf dem letzten Kunstwerk (Bild 4) sind Herzen zu sehen. Es steht etwas geschrieben und man muss genau hinschauen: I love NRW, I love Rheinland-Pfalz.

„Ich habe an die Überschwemmung im Ahrtal gedacht. Die vielen Menschen, die so viel verloren haben, das tut weh.“

Holger beeindruckt, das muss man sagen.

„Weißt du was?“, fragt er. „Ich bin ein friedlicher Mensch und ich male Bilder, die von Herzen kommen. Ich möchte die Menschen glücklich machen.“

Ich denke: Von solchen Menschen sollte es mehr geben.

Wenn man aber denkt, dass Holger nur Malen im Sinn hat, dann hat man sich getäuscht.

„Ich habe 52 Ordner mit Autogrammkarten. Herr Steinmeier, Frau Merkel, Michael Schumacher, Annalena Baerbock, Peter Falk (für die reiferen Semester), ich habe sie alle“, zählt er stolz auf.

Ich bin sprachlos. Henrike grinst. Seit 1986 sammelt er und schreibt alle Briefe per Hand und immer mit Herzchen darauf.

„Ulrich Mäurer, den Innensenator aus Bremen, habe ich auch“, schmunzelt er. „Mit dem war ich auch schon mal frühstücken“, ergänzt er trocken (ein Gruß an dieser Stelle an Herrn Mäurer von Holger).

Ich muss schmunzeln. Holger hat Charme und strahlt so vor sich hin.

„Doch weißt du, wer mir noch fehlt?“ fragt er plötzlich. Nein, natürlich weiß ich das nicht.

„Der Bovi (Bürgermeister Andreas Bovenschulte), den habe ich nicht.“

„Das muss doch zu machen sein“, ergänzt Henrike (Nachricht an Bovi, bitte melden, der Holger wünscht sich so sehr eine Autogrammkarte).

Holger ist glücklich, wir sind glücklich und wollen gar nicht mehr weg von diesem Ort. Pastor Jung gesellt sich zu uns und schenkt Holger ein Kreuz. Da freut er sich noch mehr.

Verwöhnt werden wir an diesem Nachmittag auch noch. Eine sehr freundliche und herzliche Dame betreut uns fabelhaft und verwöhnt uns mit Kaffee, Tee und kleinen Süßigkeiten. Einfach schön!

Weitere Infos zur Kunstausstellung unter https://www.diakonie-bremen.de/magazin/integrative-kunstausstellung